Von der Geschichte gezeichnet – und doch lebendig
Im Jahre 1542 wurde in Hildesheim die Reformation eingeführt und die Michaeliskirche evangelische Gemeindekirche. Den katholisch gebliebenen Mönchen wurde die Krypta als Gottesdienstraum zuerkannt. Diese Aufteilung gilt bis heute. Die Krypta wird von der röm-kath. Magdalenen-Gemeinde genutzt, zu der ein gutes ökumenisches Verhältnis besteht.
Das Kloster konnte aber die Baulast nicht tragen; die Kirche verfiel immer mehr. 1803 wurde das Kloster säkularisiert, die Kirche der evangelischen Gemeinde entzogen. Sie diente zeitweise als Heu- und Strohlager und wurde später – nach der Nutzung des Klosters als Heil- und Pflegeanstalt – Kegelbahn. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie der Gemeinde zurück- gegeben und durch C.W. Hase restauriert.
Der von den Nationalsozialisten seit 1943 verfolgte Plan, die Michaeliskirche als ottonisches Bauwerk in eine Weihestätte der SS umzuwandeln, konnte zwar durch Pastor Kurt Degener verhindert werden, doch schien ihr Schicksal besiegelt, als sie am 22. März 1945 bei der Bombardierung Hildesheims vollständig in Schutt und Asche fiel. Glücklicherweise war die Bilddecke vorher ausgebaut und an verschiedenen Orten eingelagert worden.
Unmittelbar nach der Zerstörung rief Pastor Degener dazu auf, die Kirche in ihrer ursprünglichen roma-nischen Konzeption wieder aufzubauen. Planende und bauleitende Architekten waren W. Blaich, J.W. Prendel und A.W. Steinborn. Es gelang Degener, einen amerikanischen jüdischen Kaufmann, Mr. B.R. Armour, zu motivieren, das Vorhaben durch Spenden zu unterstützen.
Diesen Persönlichkeiten, der tatkräftigen Hilfe von Frauen und Männern aus der Gemeinde und anderen Bewunderern des romanischen Kleinods ist es zu verdanken, dass die Michaeliskirche bereits 1950 wieder eingeweiht werden konnte. 1960 wurde dann die gerettete und restaurierte Bilddecke wieder eingebaut.
Rechtzeitig zum Jubiläum ist die Michaeliskirche unter hervorragender und engagierter Bauleitung renoviert worden. Dabei wurden inzwischen eingetretene Baumängel beseitigt, die Kirche erhielt einen einheitlichen – auf das ursprüngliche Niveau tiefer gelegten – Fußboden, Heizung und Beleuchtung wurden auf den heutigen technischen Stand gebracht.
Nach einem Wettbewerb wurden der Altarraum und das östliche Querschiff durch Prof. Thomas Duttenhoefer neu gestaltet.
Dies Vorhaben konnte nur gelingen, weil sich neben der Kirchengemeinde und der Landeskirche die Stadt Hildesheim, das Land Niedersachsen, die Bundesrepublik und öffentliche Stiftungen für das Projekt eingesetzt haben. Hinzu kamen sehr viele kleine und auch große Spenden von engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus Stadt und Region, die es bis heute ermöglichen, noch notwendige Arbeiten durchführen zu können. Die bis 2010 durchgeführte Renovierung lässt die Ideen ihres Erbauers nicht nur ahnen, sondern wieder sichtbar werden.
Die Zeit Bernwards wird auch dadurch lebendig, dass während der Zeit der Renovierung des Mariendomes die Bernwardssäule als Zeugnis der mittelalterlichen Kunst und Frömmigkeit in der Michaeliskirche steht.